Elena Ostleitner, Gabriele Dorffner (Hg.):

„Ein unerschöpflicher Reichthum an Ideen ...“ – Komponistinnen zur Zeit Mozarts

Die musizierenden Zeitgenossinnen Mozarts haben einen wesentlichen Beitrag zum Kultur- und Musikleben ihrer Zeit  geliefert, sich als Instrumentalistinnen, als Sängerinnen, aber eben auch als Komponistinnen einen Namen gemacht und konnten auf viele künstlerische Erfolge, die auch in der Öffentlichkeit Beachtung fanden, hinweisen.

Im vorliegenden Sammelband sind die Vorträge international renommierter Wissenschafterinnen und Wissenschafter zusammengefasst, die anlässlich eines Symposiums zum Wiener Mozartjahr 2006 gehalten wurden.

Präsentiert werden zahlreiche Komponistinnen: bekannte, wie beispielsweise die in der Kindheit erblindete Wiener Komponistin Maria Theresia Paradis, Franziska Lebrun, die ältere Schwester von Franz Danzi (mit den gleichen Lebensdaten wie W. A. Mozart) oder Katharina Cibbini, geb. Koželuch, aber auch weniger bekannte wie die Kroatin Elena di Pozza Sorgo (Pučić-Sorkočević), die Italienerin Genovieffa Ravissa oder die Schweizerin Caroline Boissier. Eine Nachfahrin der berühmten Klavierbaufirma Streicher befasst sich nicht nur mit der berühmten Klavierbauerin Nannette Streicher, sondern auch mit einer anderen Augsburger Musikerin, nämlich mit Nannette Schaden. Für beide wurde Wien zu einer wichtigen Lebensstation.

Die biographischen Porträts des Tagungsbandes werden ergänzt durch Beiträge, die sich mit sehr spezifischen Fragestellungen der Frau-und-Musik-Forschung befassen.

So wird etwa in einem Beitrag der Frage nachgegangen, wie der Mythos einer Komponistin entsteht – konkret im Fall von Marie Antoinette, die in einigen Lexika zwar als Komponistin angeführt wird, bislang aber nur eine Komposition ihr zugeschrieben werden konnte.

In einem Anhang findet sich auch das detaillierte Programm des Symposiums mit den Namen aller Mitwirkenden  des musikalischen Rahmenprogramms, in dem ausschließlich Kompositionen von Mozarts Zeitgenossinnen erklangen, auch von solchen, die in keinen Vorträgen gewürdigt wurden, wie etwa Emmanuelle Bayon, Anna Bon di Venezia oder Harriet Abrams.

Die Frau-und-Musik-Forschung der letzten dreißig Jahre hat eindrucksvoll gezeigt, dass es vielen Komponistinnen überzeugend gelang, ungeachtet fehlender weitgehender Förderungen und Erfahrungsmöglichkeiten sich dennoch  einen Namen zu verschaffen.

In der Wiener allgemeinen musikalischen Zeitung vom 14. August 1813 war anlässlich der Aufführung eines Werkes von Maria Theresia Paradis Folgendes zu lesen: „Ein großes Melodram, Ariadne und Bachus (sic!), welches sie für junge Freunde schrieb, und in ihrem Hause oft aufführen ließ, zeigt einen unerschöpflichen Reichthum an Ideen; Mozart fand soviel Wohlgefallen daran, daß er bei jeder Aufführung zugegen war, und immer bei ihr am Klaviere saß …“

Der vorliegende Tagungsband versucht nun diesen „unerschöpflichen Reichthum“ wieder ins Bewusstsein zu rücken.

 

Aus dem Inhalt:

 

  • Krista Warnke: Begrüßungsworte zum Symposium
  • Elena Ostleitner / Gabriele Dorffner: Einleitung
  • Eva Rieger: Nannerl Mozart . Probleme und Möglichkeiten der Biographieforschung
  • Hidemi Matsushita: The blind composer Maria Theresia Paradis. Facts, Fictions, and Speculations
  • Melanie Unseld: „Studiren […] und Metier davon zu machen“ . Mozarts Schülerinnen Josepha Auernhammer und Babette Ployer
  • Michaela Krucsay: „Auf die Cibbini hoffe ich wie auf einen Engel“. Zwischen Kunst und Kaiserhof
  • Gerda Wiesbauer: Eine vielseitige Künstlerin der Wiener Klassik. Nannette Streicher und ihr Umfeld
  • Uta Goebl-Streicher: Zwei musikalische Nannetten in Augsburg. Nanette von Schaden und Nannette Streicher née Stein
  • Bärbel Pelker: „Voll schöner Harmonie und innigem Gefühle“. Zu Leben und Werk der Sopranistin und Komponistin Franziska Danzi-Lebrun
  • Irène Minder-Jeanneret: Unbefangen: das musikalische Schaffen der Schweizer Komponistinnen Isabelle de Charrière und Caroline Boissier
  • Vjera Katalinić: „Torna la bella aurora“. Elena Luisa di Pozza Sorgo (1784–1865). Das Schicksal einer Komponistin nach der Aufhebung der Republik Dubrovnik
  • Claudia Schweitzer / Elke Schröder: „Mit Bedauern sehen wir sie die Stadt verlassen …“. Die Lebensstationen der Komponistin, Musikerin und Musikpädagogin Genovieffa Ravissa (1745/50–1807)
  • Eva Neumayr: Komponierende Zeitgenossinnen Mozarts und ihre Darstellung in Mozart-Biographien. Zum Frauenbild der Mozart-Biographen
  • Cornelia Szabó-Knotik: Maria Anna fehlt . Chronologie der Geschlechterrollen in europäischen
  • Mozart-Filmen
  • Gabriele Dorffner: Marie Antoinette. Wie entsteht der Mythos einer Komponistin?
  • Hartmut Krones: Zum Stellenwert der Komponistinnen in Wien um 1800. Archivbestände, Publikationen, Verlagssituation
  • Anhang
  • Kurzbiographien der Referentinnen und Referenten
  • Kurzbiographien der Musikerinnen und Musiker

 

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Musikschriftenreihe Frauentöne, Band 6 (Hg. E. Ostleitner). Vier-Viertel-Verlag, Strasshof 2006. Preis 26,50 €. (Der Band war nicht über das Institut, sondern direkt beim Verlag zu beziehen: office@vierviertelverlag.at)